Im September 2018 wurde am Flughafen in München ein provisorisches (bis Ende 2019) Abschiebegefängnis eingerichtet. Pro Monat sind
425.000 Miete für die Flugzeugwartungshalle fällig. Durchschnittlich werden pro Monat 18 Flüchtlinge für ein paar Tage vor dem Abschiebeflug inhaftiert - das ergibt € 23.000 an Kosten pro
untergebrachtem/r Asylbeweber*in (Bund der
Steuerzahler: Schwarzbuch 2019, AZ 30.10.219).
Anders gerechnet: Die Einrichtung hat in den vergangenen zwölf
Monaten 14,7 Millionen Euro gekostet. Pro Häftling pro belegter Nacht ergibt sich ein Betrag von gut 4.700 Euro. (BR
24, 28.9.2019).
Am 16.10.2019 wurden von CSU und Freien Wählern die Mittel für den Neubau eines Abschiebegefängnisses beschlossen: lt. Planung kostet das 49 Millionen Euro. Der Vertrag mit der
Flughafengesellschaft FMG soll für 30 Jahre abgeschlossen werden (www.merkur.de, 7.11.2019)
Als Interimslösung werden die Container, in denen die Abzuschiebenden derzeit noch wohnen, auf einer anderen, angrenzenden Fläche aufgestellt
werden. (www.sueddeutsche.de, 25.10.2019)
> INFO
Der Münchner Koalitionsvertrag von GRÜNEN und SPD (April 2020) enthält die Forderung an den Freistaat Bayern, das Abschiebegefängnis am Flughafen München zu schließen (www.sueddeutsche.de, 27.04.2020) .
Abschiebung
Asylbewerber*innen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, können dagegen vor Gericht klagen. Wird die Klage abgewiesen, müssen sie die Bundesrepublik verlassen. Reisen sie nicht freiwillig aus, können sie in einem > Abschiebegefängnis inhaftiert werden; sie können aus ihrer Unterkunft oder Wohnung mit Hilfe der Polizei herausgeholt und in ihr Heimatland abgeschoben werden. Das > Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (= BAMF) entscheidet, ob jemand zur Ausreise aufgefordert wird. Das BAMF untersteht dem Innenministerium; der zuständige Minister ist Horst Seehofer. Die jeweilige Ausländerbehörde ordnet die Ausreise an – in Bayern ist das aktuell die Zentrale Ausländerbehörde (= ZAB), Regierung von Oberbayern. Die Bundespolizei koordiniert die Abschiebung. Die einzelnen Bundesländer entscheiden, ob sie einen Asylbewerber abschieben oder nicht.
Vor der Abschiebung ist zu klären, ob keine > Abschiebehindernisse vorliegen und eine endgültige Entscheidung des Gerichts vorliegt, dass eine Abschiebung durchgeführt werden kann. Sonst müssen die unrechtmäßig Abgeschobenen nach D zurückgeholt werden. Und das ist teuer!
> INFO
Am 7.6.2019 hat der Bundestag das > Geordnete-Rückkehr-Gesetz verabschiedet, das am 21. August 2019 in Kraft getreten ist. Das Gesetz verschärft die Abschiebungen: „Einer Pflicht zur Ausreise muss die tatsächliche Ausreise folgen.“ > Migrationspaket, Punkt 2
Aufgrund der Corona-Pandemie sind sämtliche Abschiebungen in andere EU-Staaten gestoppt (taz 25.3.2020). Der Bundesinnenminister möchte jedoch die Frist von 6 Monaten (= Überstellungsfrist) für Asylbewerber*innen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, wegen der Corona-Pandemie aussetzen (u Dublin). Die Abschiebung könnte dann auch nach Ablauf der bisher geltenden Frist erfolgen (zeit-online, 24.4.2020).
> Wann können Geflüchtete nicht sofort abgeschoben werden?
Aus 3 rechtlichen (!) Vorgaben können viele Geflüchtete nicht sofort abgeschoben werden:
Abschiebung nach Afghanistan
Auf der Innenministerkonferenz (12. bis 14. Juni 2019 in Kiel) sollten nach der Forderung des CSU-Bundesinnenministers die bisherigen Einschränkungen bei der Abschiebung nach Afghanistan aufgehoben werden: So sollten zukünftig nicht nur Straftäter*innen, Gefährder*innen und „Identitätstäuscher*innen“, sondern auch andere Geflüchtete abgeschoben werden. Die SPD-regierten Länder haben das abgelehnt. (https://schleswig-holstein.de, PI/2019/190614)
Seit dem 30.3.2020 werden wegen der Corona-Pandemie Abschiebungen nach Afghanistan bis auf weiteres ausgesetzt. Die Entscheidung war auf Bitten der afghanischen Behörden gefallen. (Innenministerium an dpa, 30.3.2020).
Am 7.6.2019 hat der Bundestag im Rahmen des > Migrationspakets das "Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung", das ab 1.1.2020 in Kraft tritt, verabschiedet:
Asylsuchende, die geduldet sind, können eine > Beschäftigungsduldung und nach 30 Monaten ein legales Aufenthaltsrecht erhalten. Dazu müssen sie seit mindestens einem Jahr in D geduldet sein und seit mindestens 18 Monaten sozialversicherungspflichtig arbeiten.
Voraussetzungen sind: hinreichende Deutschkenntnisse, eigenes Aufkommen für den Lebensunterhalt, keine Verurteilung wegen einer Straftat – das gilt auch für die jeweiligen Ehepartner*innen!
> INFO
Die Beschäftigungsduldung erhält nur, wer vor dem 1. August 2018 eingereist ist. Der Antrag kann jedoch bis Ende 2023 gestellt werden.
Am 7.6.2019 hat der Bundestag im Rahmen des > Migrationspakets, das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung, das ab 1.1.2020 in Kraft tritt, verabschiedet: Geduldete, die eine Ausbildung begonnen haben, erhalten eine > Ausbildungsduldung, die sie vor Abschiebung schützen soll. Die Ausbildungsduldung muss beantragt werden und wird frühestens sechs Monate vor Beginn der Berufsausbildung erteilt.
Die seit August 2016 geltende 3+2-Regelung (3 Jahre Aufenthalt für eine Ausbildung, anschließend 2 Jahre, um in dem erlernten Beruf zu arbeiten) wird damit auch auf Helfer*innen-Berufe (Krankenpflegehelfer*in, Altenpflegehelfer*in) erweitert, wenn danach eine qualifizierte Ausbildung in einem Mangelberuf folgt.
ABER: Auch wer als Geduldeter einen festen Ausbildungsplatz hat, muss die Erlaubnis beantragen, eine Ausbildung zu machen. Die Regierung von Oberbayern erteilt diese Erlaubnis sehr oft nicht, wenn die Jugendlichen aus > „sicheren Herkunftsstaaten" kommen, also eine „schlechte > Bleibeperspektive“ haben und ausreisepflichtig sind. Laut Erlass des bayrischen Innenministeriums werden seit dem 26.8.2018 Pflegehelfer*innen (und nur diese) nicht aus Bayern ausgewiesen.
> Wir GRÜNEN meinen:
Es wird zu beobachten sein, ob auch Jugendliche mit geringer Bleibeperspektive eine Ausbildungsduldung erhalten.
Aufhorchen lässt der folgende Fall des 32-jährigen Afghanen Naim K., der seit 4 Jahren in einem Frisörsalon in Miesbach arbeitet. Am 31.07.2020 wurde ihm von der Zentralen Ausländerbehörde/ZAB seine Arbeitserlaubnis entzogen, die Ausbildungsduldung sollte Ende August 2020 beendet werden. Er musste mit seiner Abschiebung rechnen.
Die Inhaber des Frisörladens erhalten – nach vielseitigem Engagement – von der Regierung von Oberbayern die Nachricht, dass Naim K. keine Abschiebung in sein Heimatland zu befürchten habe, wenn er seine Ausbildung regulär mit einem Abschluss beende. Einen Termin für die Nachprüfung hat er schon … . (SZ, 4.8.2020.
https://www.sueddeutsche.de/bayern/miesbach-asylbewerber-friseur-abschiebung-afghanistan-1.4987410)
Es gibt hauptsächlich zwei Gründe, warum jemand nicht abgeschoben wird:
Ungeklärte Identität: Das Heimatland nimmt die Ausgewiesenen nicht zurück, wenn die Identität desjenigen, der abgeschoben werden soll, unklar ist (oft haben die Auszuweisenden keine Papiere oder europäische Ersatzpapiere werden nicht anerkannt). Seit Juli 2017 können die Handydaten von diesen Geflüchteten ausgewertet werden, um ihre Identität festzustellen.
Bereits seit 2006 hat die EU > Rückübernahmeabkommen mit einigen der Herkunftsländer der Geflüchteten abgeschlossen. Zusätzlich hat Deutschland bilaterale Rückübernahmeabkommen mit EU-Ländern abgeschlossen, um Geflüchtete dorthin zurückzuschicken: Am 11. August 2018 ist ein solches Abkommen mit Spanien, Mitte August mit Griechenland in Kraft getreten.
Reiseunfähigkeit: Sie muss durch ein fachärztliches Gutachten festgestellt werden. Die Kriterien für ein solches Gutachten sind inzwischen ganz genau vorgeschrieben und müssen präzise erfüllt werden. Das bedeutet einen enormen Zeitaufwand, für den eine „Fall“pauschale von € 90,- zur Verfügung steht. Diese Gutachten können deshalb kaum noch erstellt werden (Refugio München, Mai 2019).
Wird eine Asylsuchende, ein Asylsuchender abgelehnt, hat also keinen Schutz bekommen ( > Asyl), so kann das BAMF ein Abschiebungsverbot erteilen:
Es besteht ein Rechtsanspruch, gegen die jeweilige Entscheidung vor Gericht zu klagen.
Das Abschiebeverbot für Syrer*innen ist bis zum Jahresende 2020 verlängert worden. Es gilt auch für Straftäter*innen und „Gefährder*innen“ aus Syrien. Einige Bundesländer, z.B. Bayern, wollen diese beiden Gruppen dennoch abschieben.
Abschiebung straffällig gewordener Ausländer*innen und „Gefährder*innen“
Am 7.6.2019 wurde als Punkt 2 des > Migrationspaketes das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ ("Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“) im Bundestag verabschiedet. Es beinhaltet:
> INFO
· 22 Organisationen hatten gegen das Gesetz protestiert. Die Justizminister der Länder wollten einen Vermittlungsausschuss fordern, um dort das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ nachzuverhandeln. Die dazu erforderliche Mehrheit kam im Bundesrat nicht zustande. Das Gesetz ist am 21.8.2019 in Kraft getreten.
Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes kann die Abschiebehaft für Gefährder*innen auch in normalen Gefängnissen vollzogen werden – bei tatsächlicher und hinreichend erheblicher (!) Gefahr. Sie müssen dann nicht in speziellen Abschiebehaftanstalten untergebracht werden (taz 3.7.2020).
Bereits seit 2016 konnten straffällig Gewordene und Gefährder*innen „leichter und schneller“ abgeschoben werden.
Seit Juli 2017 gelten weitere Maßnahmen zur erleichterten Abschiebung (§58a) von „Gefährder*innen“:
Ausreisepflichtige, von denen mutmaßlich (!) eine „besondere“ Gefahr ausgeht, können in Abschiebehaft genommen und überwacht werden. Ist eine Abschiebung nicht möglich, kann ihnen eine Fußfessel angelegt werden.
Ankerzentren (Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung, Rückführung)
Alle Erstaufnahme-Einrichtungen im Bundesgebiet sollen in Ankerzentren umgewandelt werden. Seit dem 1. 8. 2018 ist das in Bayern umgesetzt worden. Die Praxis in den anderen Bundesländern ist unterschiedlich: Meistens wurde bisher die Einrichtung abgelehnt, manchmal wurden die Abläufe und Bestimmungen übernommen, nur die Bezeichnung nicht.
In Bayern gibt es Ankerzentren (mit zusätzlichen Dependancen bzw. Außenstellen) in Bamberg, Deggendorf, Donauwörth, Manching, Regensburg, Schweinfurt, Zirndorf. In München gibt es drei Dependancen und eine Kurz-Frist-Erstaufnahme.
In den Zentren soll das komplette Asylverfahren schneller durchgeführt und diejenigen Asylbewerber*innen, die kein > Bleiberecht haben, schneller abgeschoben werden.
Deshalb sind die beteiligten Behörden direkt vor Ort: Arbeitsagentur, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge/BAMF), Jugendamt, Justiz und Polizei.
Alle in Bayern neu angekommenen Geflüchteten werden in die Ankerzentren gebracht. Sie werden nach ihrer „Bleibeperspektive“ auf die Zentren verteilt.
Situation in den Ankerzentren
Ablauf des Asylverfahrens, Anzahl der Bewohner*innen, Aufenthaltsdauer, Ausstattung, Verhalten der Security etc. sind in den einzelnen Ankerzentren sehr unterschiedlich.
Die Situation wird von im Asylbereich arbeitenden Organisationen als desaströs eingeschätzt:
Die reale Situation mit bis zu 1.500 Asylbewerber* innen und einem monatelangen Aufenthalt führt zu neuen Problemen – etwa der „noch stärkeren Isolation und schweren psychosozialen Belastungen“ von Geflüchteten (Studie Uni Göttingen, AZ 7.8.2018). Sie haben keine Perspektive und keine Beschäftigung. Das führt „unweigerlich zu Konflikten innerhalb des Zentrums und auch in der Nachbarschaft.“ Diese Zentren sind auf „Exklusion ausgerichtet, schüren Aggressionen und verhindern Integration“ (Georg Falterbaum, Caritasdirektor, AZ 2.8.2018). Kinder und Jugendliche sind einer „angstbesetzten Umgebung“ ausgeliefert, es gibt eine „strukturelle Gefährdung des Kindeswohls“ (Dr. Daniel Drexler, Kinder- und Jugendpsychiater, in der Anhörung des bayr. Landtags am 26.9.2019; AZ 27.9.2019)
> INFO
Das Fazit der Besuche:
>Wir GRÜNEN haben in Anträgen im Landtag gefordert
(gemeinsam mit einigen Abgeordneten von SPD und FDP):
1. Beschränkung der Verweildauer von Familien mit minderjährigen Kindern auf längstens 6 Monate (Drucksache 18/4453, 25.10.2019)
2. Freier Zugang von NGOs und Rechtsbeiständen zu Beratung (Drucksache 18/4454, 25.10.2019)
3. Zugang zum Bildungssystem (Regelschule) nach 3 Monaten (Drucksache 18/4455, 25.10.2019)
4. Besonders Schutzbedürftige: Unterbringung in Schutzeinrichtungen, Zugang zu medizinischer bzw. psychologischer Behandlung (Drucksache 18/4456, 25.10.2019).
Der Münchner Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD (April 2020) enthält die Forderung an den Freistaat Bayern, das Abschiebegefängnis am Flughafen München zu schließen (SZ 27.04.2020).
Asylbewerber*innen, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen positiven Bescheid erhalten haben (= als Flüchtlinge anerkannt sind), dürfen grundsätzlich uneingeschränkt arbeiten und auch einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen.
Überhaupt kein Recht zu arbeiten, haben Geflüchtete
· aus > „sicheren Herkunftsländern“, wenn ihr Antrag auf Asyl nach dem 31.8.2018 gestellt wurde;
· die in Erstaufnahmezentren untergebracht sind, z.B. in Bayern in > Ankerzentren;
·
die eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ haben,
> Duldung.
Alle anderen Geflüchteten können – drei
Monate, nachdem sie einen Antrag auf Asyl gestellt haben – bei der jeweiligen Ausländerbehörde eine Beschäftigungserlaubnis beantragen. Diese hat für 15 Monate Beschränkungen: In
wenigen Regionen wird weiterhin geprüft, ob es nicht einen geeigneten anderen Antragsteller gibt
(Vorrangprüfung). (Bundesministerium für Arbeit und Soziales; www.bmas.de, Zugriff am
28.07.2019)
> Es muss sich erst zeigen, ob die bisher in Bayern sehr restriktive Auslegung bei Geduldeten geändert wird. Dazu muss die Ausländerbehörde eine Arbeits- oder Ausbildungserlaubnis erteilen, die sowohl Geflüchteten wie Arbeitgebern Planungssicherheit gibt.
> Wir GRÜNEN wollen,
Geflüchtete müssen einen Antrag auf Asyl stellen. Das > Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entscheidet im Asylverfahren über den Schutzstatus:
Asylberechtigt nach dem deutschen Grundgesetz sind Menschen, die aufgrund ihrer Rasse, Nationalität, politischen Überzeugung, Religion oder ihrer sexuellen Orientierung in ihrem Heimatland bedroht werden.
Flüchtlingsschutz nach der > Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) wird aus den gleichen Gründen gewährt, die Bedrohung muss hier jedoch nicht vom Staat ausgehen, sondern kann auch durch Gruppierungen wie den Islamischen Staat oder die Taliban stattfinden.
> Subsidiärer Schutz (eine Erweiterung der GFK): Menschen, deren Leben in ihrem Heimatland z.B. durch Krieg bedroht wird, erhalten zeitlich befristeten (= subsidiären) Schutz.
Abschiebungsverbot gilt für Geflüchtete, die in ihren Herkunftsländern um ihr Leben fürchten müssen bzw. denen Folter droht. Ein anderer Grund kann in einer schwerwiegenden Erkrankung bestehen. Es besteht ein Rechtsanspruch, gegen die jeweilige Entscheidung vor Gericht zu klagen.
Eingereichte Klagen: Im 1. Halbjahr 2018 wurden 70.700 Klagen eingereicht, das entspricht 56,5%, also gegen mehr als die Hälfte der Entscheidungen. Recht bekamen 17,4%, das sind 15.200 erfolgreiche Klagen. (BAMF, Spiegel online 23.8.2018)
2018 gab es insgesamt 320.000 strittige Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten (Berliner Zeitung, 24.01.2019).
> Nach der endgültigen Entscheidung des Bundesamtes, also nach Abschluss des Asylverfahrens (und eines eventuellen Gerichtsverfahrens) folgt entweder das Aufenthalts- bzw. Bleiberecht, eine Form der Duldung oder die Ausreisepflicht.
Aktuelle Zahlen über Asylentscheidungen finden sich unter folgendem Link: Asylentscheidungen aktuell
Asylanträge insgesamt |
Erstanträge D |
Bayern |
2019: 165.938 |
2019: 142.509 |
2019: 18.368 |
2018: 185.853 |
2018: 161.931 |
2018: 21.900 |
|
2016: 745.00 |
|
Asyl-Erstanträge-Land Afghanistan Irak Iran Nigeria Syrien Türkei |
2019 9.522 13.742 8.407 9.070 39.270 10.784 |
2018 9.942 16.333 10.857 10.168 44.167 10.160 |
(bamf.de/SharedDocs, Jan. 2019; bpb/Bundeszentrale für politische Bildung, 17.02.2020)
Status 2018 + 2019
Als Flüchtling anerkannt wurden subsidiären Schutz erhielten Ablehnung Abschiebeverbot |
2019 24% 11% 29% k.A. |
2018 19,1% 11,6% 34,8% 4,4% |
(bamf.de/SharedDocs, Jan. 2019; bpb/Bundeszentrale für politische Bildung, 17.02.2020)
Erhalten haben (bis 2018):
Antragsteller*innen aus |
Vollen Flüchtlingsschutz |
Subsidiären Schutz |
Abschiebe- |
Ablehnung |
|
Afghanistan 2015
|
46,7% |
8,9% |
22,1% |
22,3% |
|
2016 |
22% |
9,3% |
29,3% |
39,4% |
|
2017 |
16,6% |
6,4% |
24,4% |
52,6% |
|
2018 |
37.5% |
(nicht bekannt) |
|
||
Eritrea 2018 |
70.2% |
(nicht bekannt) |
|||
Irak 2015 |
96,6% |
|
|||
2016 |
59,0% |
17,5% |
|
22,8% |
|
2017 |
39,0% |
22,9% |
2,6% |
35,5% |
|
2018 |
32,3%
|
(nicht bekannt) |
|||
Iran 2018
|
23,8% |
(nicht bekannt) |
|||
Somalia 2018
|
41,3% |
(nicht bekannt) |
|||
Syrien 2015 |
99,7% |
|
|
(nicht bekannt) |
|
2016 |
57,6% |
42% |
|
|
|
2017 |
38,2% |
61% |
|
|
|
2018 |
81,9% |
|
|
||
Türkei 2018 |
41,4% |
(nicht bekannt) |
|
BAMF Asylgeschäftsbericht 12/ 2017, Zahlen gerundet von Pro Asyl; 2018: https://de.statista.com
Asylbewerber*innen erhalten Grundleistungen, die im Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt sind. Die genaue Summe hängt vom Alter ab und ob jemand in einer Unterkunft oder in einer eigenen Wohnung wohnt.
In einer Erstaufnahmeeinrichtung, in Bayern > Ankerzentren, wird der „notwendige Bedarf“ (Ernährung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter) durch Sachleistungen gedeckt. Außerdem erhalten Geflüchtete Taschengeld: Seit dem 1.9. 2019 erhalten dort Alleinstehende 150 Euro, Paare je 136 Euro, Kinder bis zu 6 J. 84 €, Kinder von 6 bis 13 J. 97 €, Jugendliche von 14-17 Jahren 79 €.
Nach Abschluss des Asylverfahrens erhalten die Geflüchteten Leistungen, die entsprechend Hartz IV entsprechend sollten, aber de facto unterschiedlich sind.
Asylbewerberleistungsgesetz (ab 1.9.2019) |
SGB II (Hartz IV) |
|
1 Erwachsener |
€ 344,- |
€ 424,- |
Mit Partner*in |
€ 310,- |
€ 382,- |
Jugendliche 15-18 J. |
€ 322,- |
€ 275,- |
INFO:
Ebenso wie andere Hartz IV-Empfänger erhalten Asylbewerber*innen kein zusätzliches Kindergeld (es wird als Einkommen abgezogen).
Die Situation im Juni 2019 lt. Bundesagentur für Arbeit (www.zeit.de, 25.06.2019):
Asylzentren (Stand 26.08.2018)
Beim EU-Gipfel in Brüssel am 25.6.2018 war beschlossen worden:
Erstens sollen außerhalb der EU, etwa in Nordafrika, Asylzentren eingerichtet werden („regionale Ausschiffungs-Arrangements“, taz 31.07.2018). In diesen Zentren sollte geprüft werden soll, ob Flüchtlinge ein Asylrecht in der EU haben oder nicht. Bisher haben alle in Frage kommenden afrikanischen Länder abgesagt. (tagesschau.de, 27.7.2018)
Zweitens sollen Aufnahmezentren in verschiedenen EU-Ländern für Bootsflüchtlinge errichtet werden. Alle entstehenden Kosten bei der Einrichtung sollen vom EU-Haushalt übernommen werden. Außerdem werden „EU-Asylexperten, Sicherheitskontrollpersonal und Rückführungsbeamte“ zur Verfügung gestellt. Sie entscheiden, ob ein Geretteter schutzbedürftig ist oder zurück geschickt werden soll.
Für jeden Flüchtling, der Anspruch auf Asyl hat, soll das aufnehmende Land 6.000 Euro erhalten. Italien hat das strikt abgelehnt (Berliner Ztg. 26. Juli 2018).
Drittens scheiterte ein Vorschlag, in der EU abgelehnte Asylbewerber in Flüchtlingszentren außerhalb der Union abzuschieben. Abgelehnt wurde dieser Vorstoß wegen Unvereinbarkeit mit EU- und internationalem Recht.
> INFO
Die EU-hat sich bis heute (Dezember 2019) auf keine Lösung einigen können, obwohl die katastrophale Situation seit Jahren bekannt ist.
Der > Aufenthaltstitel, den eine Geflüchtete, ein Geflüchteter bekommen hat, entscheidet darüber, wie lange sie/er in Deutschland bleiben und ob sie/er arbeiten darf. Bevor das BAMF über die Schutzart ( > Asyl) entschieden hat – was mehrere Monate, manchmal auch mehr als ein Jahr dauert – erhalten die Antragsteller eine > Aufenthaltsgestattung. Sie ist zeitlich auf 3 oder 6 Monate befristet; ihre Verlängerung muss immer wieder neu beantragt werden.
Asylberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Dasselbe gilt, wenn die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist und für den Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Nach frühestens drei Jahren kann eine > Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Sie ist unbefristet – und an bestimmte Bedingungen geknüpft.
Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die für jeweils zwei Jahre verlängert werden kann. Nach frühestens fünf Jahren (die Zeit des Asylverfahrens wird eingerechnet) kann eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden.
Geflüchtete mit Abschiebeverbot erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr; sie kann wiederholt verlängert werden.
Die Aufenthaltsdauer bei einer > Duldung variiert je nach dem Status der Duldung. Früher gab es über Jahre sukzessive Duldungen, die in der Regel alle 6 Monate neu beantragt werden mussten – sogenannte „Kettenduldungen“. Mit dem > Migrationspaket wurden im Juni 2019 im Bundestag präzisere Gesetze zum Aufenthalt bzw. zur Abschiebung verabschiedet.
Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für die verschiedenen Möglichkeiten, sich in Deutschland legal aufzuhalten. Diese Erlaubnis ist stets befristet – und wird jeweils verlängert (oder nicht). Sie kann in eine unbefristete > Niederlassungserlaubnis umgewandelt werden.
Das Bundesamt (BAMF) erteilt Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die sich noch im Asylverfahren befinden, eine Aufenthaltsgestattung. Diese berechtigt Geflüchtete bis zum Abschluss des Asylverfahrens, das heißt bis zur Entscheidung über den Asylantrag, in Deutschland zu leben. Diese Aufenthaltserlaubnis muss immer wieder neu beantragt resp. verlängert werden (nach 3 bzw. 6 Monaten).
Um sich legal in Deutschland aufzuhalten, brauchen alle aus dem Ausland Einreisenden eine Genehmigung. Für Geflüchtete ist der sicherste Status
Für alle anderen Geflüchteten gibt es verschiedene Möglichkeiten des Aufenthalts („Aufenthaltstitel“)
Aufgrund der katastrophalen Situation in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln
(u
Aufnahmelager in Griechenland) hatte die Bundesregierung im März 2020 beschlossen, 350-500 Kinder von den griechischen Inseln aufzunehmen. Mitte Juni 2020 beschloss die
Innenministerkonferenz: Aufnahme von 243 kranken Kindern und ihren Familien – insgesamt 928 Personen (taz 15.7.2020). Bisher (August 2020) sind im April 47 minderjährige Flüchtlinge eingereist,
am 24.7. wurden 17 kranke Kinder, ein Jugendlicher und deren Familienangehörige (65 Personen) aufgenommen, am 31.7.2020 nochmals 85 kranke Minderjährige und 90 Familienangehörigen (spiegel
online, 10.06. und 31.7.2020).
Wegen der schleppenden Umsetzung wollten im Juli/August die Bundesländer Berlin, NRW und Thüringen in Eigenregie je zwischen 300 und 500 Geflüchteten als „Sonderkontingent“ aufnehmen. Das hat Innenminister Seehofer verboten: Ohne Zustimmung des Bundes können die Länder nicht autonom über die Aufnahme von Geflüchteten entscheiden (tagesspiegel 30.7.2020; Berliner Ztg. 13.8.2020). u „Sichere Häfen“
Aufnahmelager in Griechenland
Auf den griechischen Inseln befinden sich ca. 42.000 Geflüchtete mit steigender Tendenz (Spiegel online v. 18.12.19). Alle Lager sind stark überbelegt (im Lager Moria befinden sich statt der vorgesehenen 3.000 Menschen ca. 17.000). In Griechenland leben ca. 5.400 unbegleitete Minderjährige (UNHCR, Berliner Ztg. 16.4.2020).
u Unbegleitete minderjährige Geflüchtete
Lager wie Moria zeigen exemplarisch die Auswirkungen von > Dublin: Danach muss der EU-Staat das Asylverfahren durchführen, in den der/die Asylbewerber*in zuerst eingereist ist.
> INFO
Im November 2019 haben sich Landtagsabgeordnete der Grünen auf Lesbos einen Eindruck der Lager verschafft. Der Bericht ist unter folgendem Link aufzurufen: Lesbos2019.
Die GRÜNEN fordern ein sofortiges Bayerisches Aufnahmeprogramm für alleinlebende Frauen, für unbegleitete Minderjährige und Menschen mit Behinderung. Parteichef R. Habeck hat D dazu aufgefordert, bis zu 4000 unbegleitete Minderjährige von den griechischen Inseln zu holen.
Ausbildungsduldung (= Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung)
Am 7.6.2019 hat der Bundestag - in Punkt 2 des > Migrationspakets das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung verabschiedet. Das Gesetz tritt ab 1.1.2020 in Kraft, in manchen Bundesländern bereits früher. Geduldete, die eine Ausbildung begonnen haben, erhalten eine Ausbildungsduldung, die sie vor Abschiebung schützen soll. Die Ausbildungsduldung muss beantragt werden und wird frühestens sechs Monate vor Beginn der Berufsausbildung erteilt.
Die seit August 2016 geltende 3+2-Regelung (3 Jahre Aufenthalt für eine Ausbildung, anschließend 2 Jahre, um in dem erlernten Beruf zu arbeiten) wird damit auch auf Helfer*innen-Berufe (Krankenpflegehelfer*in, Altenpflegehelfer*in) erweitert, wenn danach eine qualifizierte Ausbildung in einem Mangelberuf folgt.
> Abschiebung und Ausbildung
Ausgefaked
Fake News ähneln im Stil echten Nachrichten, sind aber „gezielt in die Welt gesetzte Unwahrheiten“ (K. Kuhla: „Fake News“, 2017). Die Öffentlichkeit soll für bestimmte politische Ideen manipuliert werden (netzpolitik.org, 29.11. 2016) (Beide Quellen: wikipedia, 29.09.2018).
Es wird ein neues Wort erfunden, das aus einem Fake einen Fakt macht:
„Anti-Abschiebeindustrie“ ist das Unwort des
Jahres 2018. Die Begründung der Jury: Eine solche Äußerung von einem Politiker einer Regierungspartei zeige, „wie sich der politische Diskurs sprachlich und in der Sache nach rechts verschoben
hat und sich damit auch die Sagbarkeitsregeln in unserer Demokratie auf bedenkliche Weise verändern.“
(AZ, 16.01.2019)
> Fakt ist:
Geflüchtete haben ein Recht auf Klage gegen einen gerichtlichen Bescheid, z. B. gegen die Ablehnung eines Asylbescheids. Dabei helfen ihnen Rechtsanwält*innen, die die Geflüchteten selbst bezahlen. 2017 haben 91,3% der Asylbewerber*innen Widerspruch gegen eine Ablehnung eingelegt. Mit Erfolg: In den ersten drei Quartalen 2018 war jede 3. Klage gegen den Asylbescheid erfolgreich. (www.zeit.de, 10.01.2019)
Fake ist:
Die Anwält*innen würden „durch Klagewellen“ versuchen, „Abschiebungen zu verhindern und die Durchsetzungen des Rechtsstaates zu sabotieren“ (Dobrindt)
> Fakt ist:
Touristen reisen freiwillig für eine begrenzte Zeit an einen anderen Ort. Sie wollen sich erholen und neue Eindrücke sammeln.
Fake ist: Geflüchtete würden „zum eigenen Vergnügen eine lustige Tourismusreise“ machen, um dann an einem attraktiven Ort einen Asylantrag zu stellen – und der Staat würde ihnen das auch noch bezahlen (https://faktenfinder.tagesschau.de/inland/soeder-asyltourismus-101.html).
> Fakt ist: In Seenot geratene Menschen müssen vor dem Ertrinken gerettet werden. Durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (16.11.1994) ist es bis heute möglich, dass viele Küstenstaaten eine 200-Meilen-Zone als ihr Hoheitsgewässer betrachten. Damit erklärt sich ein Land allein zuständig für Seenotrettungen und verhindert das Eingreifen z.B. von privaten Hilfsorganisationen. So beansprucht etwa die westlybische Regierung eine „Such- und Rettungsregion“, die jedoch weit in internationale Gewässer reicht. Libyen hat kein Recht, private Rettungsschiffe aus internationalen Gewässern zu vertreiben (Zeitonline 20.08.2017).
Fake ist: Die Einhaltung von internationalem Recht als fragwürdigen „Service“ zu bezeichnen.
Die repräsentative Studie „Integrationsbarometer“, die am 17.9.2018 vorgestellt wurde, hat ergeben: Zwei von drei Befragten glauben, dass die Geflüchteten „Deutschland langfristig kulturell und auch wirtschaftlich bereichern werden“. Die Studie basiert auf Alltagserfahrungen - je mehr Kontakte es zwischen Einheimischen und Geflüchteten gab, umso positiver die Bewertung des gesellschaftlichen Klimas. Das stehe im Gegensatz zum „medialen Diskurs“, der die negativen Erfahrungen in den Mittelpunkt rücke (Berliner Ztg. 18.9.2018).