Medizinische Versorgung
Nach dem > Asylbewerberleistungsgesetz erhalten Geflüchtete bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen die „erforderliche Behandlung“, auch Medikamente und Verbandmittel (§4.1). Außerdem werden allen Asylsuchenden Schutzimpfungen und medizinisch notwendige Vorsorgeuntersuchungen angeboten. Gesetzlich vorgeschrieben ist bei der Erstaufnahme eine Röntgenaufnahme der Lunge, um Tuberkulose auszuschließen.
Schwangere Frauen und Wöchnerinnen erhalten die üblichen Untersuchungen zur Vor- und Nachsorge, alle notwendigen ärztlichen und pflegerischen Hilfen und Betreuung. Dazu zählt auch die Unterstützung durch eine Hebamme und notwendige Arznei-, Verband- und Heilmittel (§4.2)
Die Kosten werden nicht von den Krankenkassen, sondern meist von den Sozialämtern übernommen. In manchen Bundesländern müssen sich Asylbewerber vor einem Arztbesuch einen Behandlungsschein beim Sozialamt abholen¸ in anderen erhalten sie eine Gesundheitskarte.
Nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland erhalten Asylsuchende nahezu die gleichen Leistungen wie gesetzlich Versicherte – und eine Gesundheitskarte. Sie müssen dann auch Zuzahlungen bezahlen (2% der jährlichen Bruttoeinnahmen).
Migrationspaket
Unter diesem Titel hat der Bundestag im Juni 2019 acht Gesetze verabschiedet. Die einzelnen Gesetze, die von Juli 2019 bis März 2020, in Kraft treten, beinhalten:
1. Arbeit für Fachkräfte
(Fachkräfteinwanderungsgesetz)
Es ermöglicht die Einreise und Arbeitsaufnahme auch von Menschen aus Nicht-EU-Ländern; dazu müssen sie eine ausreichende Qualifizierung und einen Arbeitsvertrag vorweisen.
Diese Zuwanderung ist nicht mehr auf Berufe beschränkt, in denen es Engpässe gibt. Die bisher erforderliche Vorrangprüfung – ob die entsprechende Stelle durch einen gleich qualifizierten Deutschen oder EU-Bürger besetzt werden könnte – entfällt. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse soll beschleunigt und das Erlernen der deutschen Sprache im Ausland gefördert werden.
Zusätzlich gilt (zunächst für 5 Jahre): Qualifizierte Fachkräfte mit Berufsausbildung, die Deutschkenntnisse nachweisen, können für ein halbes Jahr zur Jobsuche nach Deutschland kommen. Sie haben in dieser Zeit jedoch keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. (Berliner Zeitung, 13.3.2019).
2. Ausreisepflicht
(= Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht/Geordnete-Rückkehr-Gesetz), gilt seit dem 21.8.2019
Das Gesetz regelt: „Einer Pflicht zur Ausreise muss die tatsächliche Ausreise folgen.“ Es soll die Abschiebung Ausreisepflichtiger beschleunigen:
> INFO
Abschiebehaft verstößt gegen das europäische Trennungsgebot: Im Gefängnis werden Straftäter untergebracht, Abschiebung ist nicht das Resultat einer Straftat.
Ob die Aussetzung der getrennten Unterbringung zulässig ist, ist nicht geklärt. Von der Sonderregelung macht derzeit (Juli 2020) nur Sachsen-Anhalt in Einzelfällen Gebrauch (taz 3.7.2020).
> INFO
Es ist umstritten, ob das Betreten der Wohnung oder der Unterkünfte ohne Zustimmung der Bewohner*innen bzw. ohne richterlichen Beschluss rechtsgemäß ist bzw. § 13 Grundgesetz („Unverletzlichkeit der Wohnung“) widerspricht.
> INFO
Die „Duldung light“ unterstellt den Betroffenen eine fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung ihrer Papiere. In der Praxis sind sie oft nicht selbst dafür verantwortlich zu machen. „Der Interpretationsraum für die Behörden ist groß, während die Konsequenzen für die Betroffenen fatal sind“. So bestehe die Gefahr, dass Minderjährige keine Ausbildungsmöglichkeit erhalten (G. Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl“; Berliner Zeitung 12.4.2019)
> INFO
22 Organisationen hatten gegen das Gesetz protestiert. Die Justizminister der Länder wollten einen Vermittlungsausschuss fordern, um dort das das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ nachzuverhandeln. Die dazu erforderliche Mehrheit kam im Bundesrat nicht zustande.
3. Arbeit und Ausbildung
(= Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung), gilt ab Jan.2020, in manchen Bundesländern auch früher
Geduldete, die eine Ausbildung begonnen haben, erhalten eine Ausbildungsduldung,die sie vor Abschiebung schützen soll. Die Ausbildungsduldung muss beantragt werden und wird frühestens sechs Monate vor Beginn der Berufsausbildung erteilt. Die seit August 2016 geltende 3+2-Regelung (3 Jahre Aufenthalt für eine Ausbildung, anschließend 2 Jahre, um in dem erlernten Beruf zu arbeiten) wird damit auch auf Helfer*innen-Berufe (Krankenpflegehelfer*in, Altenpflegehelfer*in) erweitert, wenn danach eine qualifizierte Ausbildung in einem Mangelberuf folgt.
> Wir GRÜNEN meinen:
Es wird zu beobachten sein, ob auch Jugendliche mit geringer Bleibeperspektive eine Ausbildungsduldung bekommen. Das war bisher in Bayern nicht der Fall. > Abschiebung und Ausbildung
Asylsuchende, die geduldet sind (und damit jederzeit von einer Ausweisung bedroht sind) können eine Beschäftigungsduldung und nach 30 Monaten ein legales Aufenthaltsrecht erhalten. Dazu müssen sie seit mindestens einem Jahr in D geduldet sein und seit mindestens 18 Monaten sozialversicherungspflichtig arbeiten.
Voraussetzungen sind: hinreichende Deutschkenntnisse, eigenes Aufkommen für den Lebensunterhalt, keine Verurteilung wegen einer Straftat – das gilt auch für die jeweiligen Ehepartner*innen!
> INFO
Die Beschäftigungsduldung erhält nur, wer vor dem 1. August 2018 eingereist ist. Der Antrag kann jedoch bis Ende 2023 gestellt werden.
4. Ausbildungs- und Beschäftigungsförderung
(= Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz), gilt seit dem 1. August 2019
Wer durch seinen Aufenthaltsstatus Zugang zum Ausbildungsmarkt hat, kann ausbildungsbegleitende Hilfen in Anspruch nehmen. Für Asylbewerber*innen wird zwischen „guter“ und „schlechter“ u Bleibeperpektive unterschieden.
5. Sozialleistungen
(= 3. Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes), gilt seit dem 1.9.2019
Asylbewerber*innen können auch nach dem 15. Monat ihres Aufenthaltes in D weiter Leistungen beziehen – wodurch Ausbildungs- und Studienabbrüche verhindert werden sollen.
Wer in einem anderen EU-Land Schutz erhalten hat und dieser Schutz noch gilt, soll keinen Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland haben.
In Erstaufnahmeeinrichtungen, in Bayern also den u Ankerzentren, wird der „notwendige Bedarf“ zwingend durch Sachleistungen gedeckt. Als Taschengeld erhalten erwachsene Asylbewerber*innen € 150 (Paare € 136),
Ehrenamtliche tätige Geflüchtete können einen Freibetrag von 200 Euro erhalten.
6. Wohnsitzzuweisung
(= Gesetz zur Entfristung des Integrationsgesetzes), gilt seit dem 12. Juli 2019
Dabei geht es um die Bestimmung, wo anerkannte Asylbewerber*innen wohnen: Sie müssen in dem Bundesland bleiben, in dem ihr Asylverfahren abgewickelt wurde. Der Wohnsitz wird dauerhaft zugewiesen. Ein Umzug in eine bestimmte Kommune kann untersagt werden. Ausnahmen gibt es in Härtefällen oder wenn anderswo ein Job gefunden wird.
7. Datenzugriff
(= Zweites Datenaustauschverbesserungsgesetz), gilt seit dem 9. August 2019
Verschiedene Behörden (Jugendämter, Polizei etc.) könnten leichter auf Daten aus dem Ausländerzentralregister zugreifen. Dort sind die Daten von Menschen ohne deutschen Pass gespeichert. Lt. Wikipedia sollen in Zukunft auch von Kindern die Fingerabdrücke erfasst werden. (14.06.2019)
8. Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes
Deutsche Staatsbürger*innen mit einer zweiten Staatbürgerschaft, die sich einer Terrormiliz angeschlossen (etwa für den IS in Syrien oder im Irak)und gekämpft haben, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Dazu müssen sie volljährig sein. Die Regelung gilt nur für neue Fälle.
Eine Mehrehe ist ein Hindernisgrund für eine Einbürgerung.